Gute digitale Lehre auf Deutsch
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Stilistik im Klassenzimmer, IKT-Anwendungen im Fremdsprachenunterricht, Sprach-und Stilübungen
Lernen ist ein komplexer Prozess, der in einem bestimmten Kontext stattfindet, und der wirksam und nachhaltig sein kann, wenn lerneraktivierende Unterrichtsarrangements zur individuellen Förderung und zum selbstverantwortlichen Handeln der Studierenden beitragen können.
Viele Dozierende haben schon vor der Corona-Pandemie erkannt, dass im traditionellen Lehr- und Lernkontext, d.h. im normalen Präsenzunterricht die Digitalisierung der Lehre als Chance aufgefasst wird und einen nachhaltigen Wissens- und Kompetenzerwerb bzw. die Individualisierung der studentischen Lernwege mit sich bringen kann. Andere sind erst nach der Umstellung auf Distanzunterricht der neuen Realität begegnet und haben erlebt, dass auch anders gelehrt werden kann.
Egal, ob es um klassischen Präsenz-, reinen Online- oder um Hybrid-Unterricht geht, verlangen alle Unterrichtskontexte eine klar strukturierte, transparente Unterrichtsorganisation und hilfreiche, schrittweise geleitete Unterstützung der Student*innen, damit sie die gesetzten Lernziele erreichen können. Lernpfade ermöglichen eine neuartige Gestaltungsmöglichkeit des Unterrichts. Die Studierenden begehen im eigenen Lerntempo selbstständig die Lernschritte (wobei die Kooperation unter den Studierenden im Lernpfad eingebaut werden kann) und verfolgen ihren Lernzuwachs mithilfe von formativen Bewertungen und ständigem Lehrerfeedback.
Ich habe Lernpfade in allen Unterrichtskontexten erprobt. Zuerst in der ersten Welle der Corona-Krise in asynchronen Lernphasen für die Steuerung und Begleitung individueller Lernprozesse. Während der zweiten Welle wechselten sich die eigenständige Arbeit an einem Lernpfad in asynchroner Lernphase mit deren Reflexion und Weiterentwicklung in synchroner Lernphase ab. Im Präsenzunterricht sind Lernpfade ständige Begleiter meiner Lehrtätigkeit, sie können das synchrone Lernen vor- oder nachbereiten, als offene Arbeitsform für forschendes Lernen oder als Einstieg in ein neues Thema eingesetzt, aber auch als optionales Zusatzangebot bereitgestellt werden.
Der didaktische Mehrwert des Einsatzes lässt sich zum einen in der hohen Lernaktivität erkennen, die Studierenden übernehmen die Verantwortung für ihren eigenen Lernprozess, indem sie selbstorganisiert und selbstgesteuert die Lernschritte begehen. Zweitens können verschiedene Lernwege für individuelle Interessen und verschiedene Schwierigkeitsstufen vorgegeben werden, die zur differenzierten Förderung der Studierenden beitragen. Drittens sind die Transparenz der Lern- und Leistungserwartungen und die strukturierte und multimediale Aufbereitung von Lerneinheiten zu erwähnen.
Verschiedene Tools bieten die Möglichkeit an, Lernpfade zu erstellen. Ich unterscheide zwischen drei Typen von Lernpfaden. Besonders gute Erfahrungen habe ich mit den folgenden Apps bzw. digitalen Anwendungen gemacht:
- linearer Lernpfad: sutori, lernpfad.ch,
- verzweigter Lernpfad: symballo, choice board
- Lernpfad für offene Arbeitsformen: thinglink, genially
Als Nachteil oder Schwierigkeit soll der Zeitaufwand, der zur Erstellung eines didaktisch wertvollen Lernpfades benötigt wird, erwähnt werden. Ich bin aber überzeugt, dass sich die investierte Arbeit lohnt und durch den Aufbau einer eigenen (für die Kolleg*innen zugänglichen) Materialien- bzw. Lernpfaddatenbank der gesamte Lehr- und Lernprozess positiv unterstützt werden kann.
Lernpfade lassen sich in allen Lernkontexten einsetzen:
- synchrones Lehren und Lernen: gleichzeitig, live, Präsenzlehre
- asynchrones Lehren und Lernen: nicht gleichzeitig, mit flexibler Zeit- und Raumgestaltung
- hybrides Lehren und Lernen: Kombination von digitaler Lehre und Vor-Ort-Lehre
- “flipped classroom”: Erarbeitung von Lerninhalten und Wissensvermittlung in Distanzlehre, Rückfragen, Vertiefung, Reflexion und Übung in Präsenzlehre
Es müssen digitale und präsente Vermittlungsanteile handlungs- und kompetenzorientiert miteinander verknüpft werden, um den Lehr- und Lernprozess in allen Unterrichtskontexten optimieren zu können.
Réka Sámson, Károli Gáspár Universität (samson.rekakre.hu)